Es sind zwei Artikel, der geplanten EU-Urheberrechtsreform, die am 21.06. im Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes mit knapper Mehrheit beschlossen wurden, die das Internet wie wir es kennen könnten für immer verändern könnten.

Artikel 13 der DSGVO. Ziel war es Künstler, Wissenschaftler, Verleger und Autoren zukünftig mehr Einkommen und einen verbesserten Urherberschutz zu ermöglichen, doch die Konsequenzen dieses Artikels gehen deutlich weiter. Internetprovider, sollen hierbei sicherstellen das keine Copyright-verletztenden Materialien hochgeladen werden, dass zwingt bei der Schwemme an Posts und Daten, aber zur Einführung von automatischen Upload-Filtern. Das mag erst einmal nicht besonders schlimm klingen und vielleicht sogar sinnvoll, doch schießt die Wirkung der Filter weit über das Ziel hinaus und gefährdet Vielfalt und Kreativität der Netzkultur.

Hierfür muss kurz das Beispiel YouTube herhalten, dass bspw. über Filter und Algorithmen die Werbefreundlichkeit von Videos bewertet. Schnell stellte sich heraus das der Filter bspw. zwischen echter Gewaltdarstellung und Berichterstattung nicht unterscheiden kann, denn genau dort scheitern diese Algorithmen bei der feinen Bewertung und Einordnung von Inhalten. Kontextverständnis – Gewalt oder Bericht, Copyright-Misbrauch oder Meme, Parodie oder Raubkopie. Einige bekannte und weniger bekannte YouTuber*innen wurden so ohne ihre Einflussnahme oder die Entscheidung ihrer Zuschauer demonetarisiert und ihrer Lebensgrundlage entzogen.

Was ist nun also, wenn im Hintergrund eines Videos ein Bild eines einschlägigen Superheld*in auftaucht oder eine geschützten Ware? Oder ein Lied im Radio läuft, während man einen Vlog dreht? Nun wertet der Filter dies als Urheberrechtsverletztung und auf einmal werden all diese Inhalte gesperrt und verschwinden aus dem Pool von Informationen, die uns zur Verfügung stehen. Das sind keine Einzelfälle, das Gros des Internets basiert auf solchem Content.

Solche Filter können also starker Einfluss auf die Inhalte gewinnen, die uns im Netz zur Verfügung stehen und gerade um rechtlich sicher zu sein, der Trend in die Richtung verläuft das eher zu viel als zu wenig gelöscht wird.  Gerade deshalb werden die Kriterien und das Handeln solcher Systeme für die Nutzer*innen intransparent und willkürlich. Dementsprechend kann man hier guten Gewissens von einer allgemeinen Zensurmaschine sprechen, die dort auf uns zu rollt, denn es trifft  eben nicht nur die berüchtigten Datenmonopole wie Google oder Facebook, die man versucht zu kontrollieren. Nein es trifft vor allem die Vielzahl an kleinen Nutzer*innen wie YouTuber*innen, Künstler*innen, Blogger*innen, Instagram-Nutzer*innen und so weiter und sofort. Was bleibt von all den kleinen Content-Schaffer*innen, die unser Internet gestalten und mit Leben füllen und eben keine Millionenschweren Unternehmen hinter sich haben, um Lizenzfragen selbstständig lösen zu können oder Einfluss auf die Filterinfrastruktur entwickeln zu können.

Gerade Memes um ein Beispiel zu wählen, könnten schwer getroffen werden. Die kleinen lustigen Bilder, die für die Nezkultur des 21. Jahrhundert Mittel der Kommunikation, Humors, Satire und der Vernetzung sind. Eine Welt von sinnlosem Humor, die Politiker genauso aufs Korn nimmt, wie die neusten Hits in den Charts. Genau diese Darstellungen leben aber eben von aus dem Kontext gerissenen Inhalten und der Freiheit, diese zu nutzen von Videoausschnitten, Politikern über Musiksequenzen.

Auch diese Form von Kunst von Kultur, möchte ich sagen, die so einen großen und lebendigen Teil der Netzkultur prägt. Hierbei eine ähnliche Rolle spielt wie die Karikatur im letzten Jahrhundert, einfach frei die Realität zu parodieren und hierbei aber ein ganz neues Medium entwickelt hat, weil sie auf unendliche Möglichkeiten trifft und in Echtzeit reagieren kann. Das sind ungeahnte kreative Potentiale, die uns so zur Verfügung stehen.

Für viele von uns stellen diese schönen bunten Teil der Netzkultur einen wichtigen Teil des Lebens und sogar Lebensgefühl dar und welchem Filter wollen wir zutrauen, das zu bewerten? Wäre es nicht unvorstellbar würden wir alle Witze ab morgen von einem Beamten prüfen lassen müssten? Das kann auch sicherlich nicht im Interesse der Gesetzgeber sein, ein modernes Internet ist bunt und lebendig. Wird getragen und gestützt von abermillionen User*innen weltweit, die frei erschaffen, teilen und lachen. Das ist das Internet mit dem ich großgeworden bin und das ich niemals aufgeben möchte.

Wenn das nicht überzeugend gewesen sein sollte, selbst die Personen, die dieses Gesetz schützen soll profitieren nicht unbedingt von gelöschten Content, denn die heutige Netzkultur lebt gerade davon, dass bspw. ein Lied in einem Meme auftaucht oder in einem Youtube-Channel parodiert wurde. Den Erfolg eines Contents bestimmt eben nicht mehr nur, ob sein Urheberrecht eingehalten wird und die Plattenverkäufe gut waren, sondern gerade dieser Grenzgang der kostenlos Reichweite erzeugt und erhält, wenn die Inhalte viral gehen.

Uns droht die Macht über einen so wichtigen Teil unserer Welt mit diesem Gesetz zu entrinnen. Hier wird versucht das Internet zu kontrollieren, aber wir erreichen keine Ordnung, nein gerade das Internet lebt von seinem Chaos der unendlichen Freiheit, die es bietet. So mehr es versucht zu binden, umso mehr nimmt man ihm die Gestaltungskraft, die es ausstrahlt. Die grenzenlose Kreativität, die allen zur Verfügung steht.

Heute Sänger, morgen Kommentator, übermorgen Autor und dann Regisseur dieses Versprechen darf nicht genommen werden, von Personen, die vermutlich weder verstehen noch wissen wie dieses Universum agiert und lebt und seine ganzen kleinen und schönen Seiten nicht wertschätzen können, wie es so viele Menschen auf diesem Planeten tun.

Daher: Nein zu Artikel 13. Nein zum Upload-Filter. Es lebe ein freies und buntes Netz!

Noch ist es nicht zu spät, das Plenum des Europäischen Parlamentes kann diesen Gesetzentwurf noch kippen. Bis Juli bleibt noch Zeit!

Deshalb helft mit und unterstützt die Petition gegen  Art. 13

https://www.change.org/p/stoppt-die-zensurmaschine-rettet-das-internet-uploadfilter

Weitere Informationen zur Kampagne auf:

https://www.saveyourinternet.eu/


Christian Kaiser

Sprecher der GJE